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Zufallsfund: Zieglers verlorenes Portrait

Aktualisiert: vor 6 Tagen

"Aus den Augen, aus dem Sinn" - diese Binsenweisheit nimmt bei vergessenen Schriftstellerinnen eine neue Bedeutung ein. Denn während Autoren oft und regelmäßig portraitiert wurden, blieb Autorinnen diese Sichtbarkeit oft verwehrt. Auch von Christiana Mariana von Ziegler waren bisher nur fünf Kupferstiche bekannt, von denen der Großteil erst nach ihrer Dichterinnenkrönung angefertigt wurde. Sie zeigen weniger die Person Ziegler mit individuellen Zügen als vielmehr die repräsentative Figur der poeta laureata. Die Folge: Wer nicht dargestellt wird, ist weniger sichtbar, wird leichter übersehen und gerät schneller in Vergessenheit. Umso bemerkenswerter ist der Zufallsfund eines bislang unbekannten Ölgemäldes Zieglers - das jedoch leider verschollen bleibt... Doch von Anfang an:


Vor kurzem haben wir ein bisschen Detektivarbeit betrieben. In der Kalliope-Datenbank haben wir einen Hinweis auf ein Portrait Christiana Mariana von Zieglers in der Sammlung "W.B.A. von Steinwehr" gefunden – also verzeichnet unter dem Namen ihres dritten Ehemannes (und mit dem Hinweis "= Ehefrau"). Ein Nachfahre Steinwehrs hatte sich seit dem Ende des 19. Jahrhunderts mit seiner Familiengeschichte beschäftigt und eine recht umfangreiche Sammlung zusammengestellt (mehr Informationen dazu gibt es hier). Wir haben bei der Universität Göttingen nachgefragt, wo uns die Abteilung 'Handschriften und Seltene Drucke' tatsächlich eine Reproduktion des Bildes zur Verfügung stellen konnte.


Bildnis von Christiana Mariana von Ziegler
Quelle: SUB Göttingen, Sammlung Voit: W. B. A. von Steinwehr, Nr. 3.

Es handelt sich um die Kopie eines leider beschädigten Glasplattennegativs, das 1948 angefertigt wurde. Es wurde am 3. September 1948 von Kurt von Steinwehr (1871-1958) an den Göttinger Anatomen Max Voit gesandt, der zu dieser Zeit für die Portraitsammlung der Bibliothek zuständig war. Die Vorlage ist ein Ölgemälde, das bis zum Zweiten Weltkrieg in der Universitätsbibliothek Breslau als Teil der „Bibliotheca Steinwehriana“ aufbewahrt wurde. Die Glasplatte konnten wir im Landesarchiv Nordrhein-Westfalen in Münster noch ausfindig machen (Signatur: V 099/Sammlung Kurt von Steinwehr, Nr. 16), wo sie demnächst digitalisiert wird.


Notiz zur Reproduktion der Glasplatte
Notiz zur Reproduktion der Glasplatte

Nachforschungen zum Verbleib des Ölgemäldes bei der Universitätsbibliothek Breslau, beim Stadtmuseum Breslau, beim Nationalmuseum Breslau, beim Universitätsmuseum Breslau und beim Nationalmuseum Warschau (wo seit dem Zweiten Weltkrieg ein Teil der Sammlung des Universitätsmuseums Breslau aufbewahrt wird) blieben leider ohne Ergebnis. Keine der Institutionen hat das Gemälde in ihrem Bestand oder konnte Auskunft über den Verbleib geben. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist das Original als Kriegsverlust anzusehen.


Dennoch wird mit dieser Reproduktion ein weiterer Baustein zu Zieglers Sichtbarmachung gelegt – ein kleines Detail, das aber exemplarisch zeigt, wie viel es bei dieser Autorin noch zu entdecken gilt.


Vielen Dank an Bärbel Mund (Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen) und Dr. Jens Heckl (Landesarchiv Nordrhein-Westfalen, Abteilung Westfalen) für die Auskunft und Bereitstellung der Reproduktionen!



 
 
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